Dies domini – 24. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr A
Vor wenigen Tagen berichteten die Medien vom „Bibelstellen-Ping-Pong“, mit denen sich einige Bischöfe im Zuge des Synodalen Wegs mit der jüngsten Pastoralinstruktion aus Rom „auf Proseminar-Niveau“ beschäftigt hätten. Solche Bibelstellen-Verwendung zur Untermauerung eigener Ansichten ist beliebt: vor einigen Wochen schilderte ein Leser der Kölner Kirchenzeitung in einem Leserbrief die Wirren und Unklarheiten, die sich daraus ergäben, dass im Neuen Testament gelegentlich von den Brüdern und Schwestern des Herrn die Rede sei, wo doch die unfehlbare Lehre der Kirche von der einzigartigen und immerwährenden Jungfräulichkeit der Gottesmutter spreche. Man sehe aber doch an Johannes 19, 25ff, dass Jesus keine Geschwister gehabt haben könne, da er doch sonst keinen Anlass gehabt hätte, Maria Johannes anzuvertrauen. Schon bald äußerte ein weiterer aufmerksamer Leser seine Befriedigung, dass nun für ihn auch dieser letzte Zweifel an der immerwährenden Vertrauenswürdigkeit der unfehlbaren Lehre der heiligen Kirche „Gott sei Dank“ ausgeräumt sei. Ja, wer seine Weltanschauung für ein filigranes, gleichsam gotisch-kristallines Weltgebäude ansieht, der muss natürlich fürchten, dass ihm eine Fiale aus dem himmlischen Jerusalem auf den Kopf fällt, wenn einer kommt, ihm einen kleinen Stein aus seinem Gewölbe der Ideen herauszubrechen. Dass diese Schlussfolgerung aus den Worten Jesu am Kreuz zu Johannes und seiner Mutter nicht zulässig ist, weil der Evangelist nicht über die Familienverhältnisse Jesu Auskunft erteilen will, ergibt sich schon im Umkehrschluss, weil ja sonst Johannes mutterlos sein müsste, um sich als der Sohn Mariens um sie zu sorgen. Schließlich spricht der Vers auch vom Anvertrauen Johannes’ an Maria. Diese These hat aber bisher wohl noch niemand vertreten.
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Dies Domini – Fünfter Fastensonntag, Lesejahr C
Wie es im Evangelium heißt, so wäre es – hoffentlich – auch heute: keiner hat einen Stein geworfen, nachdem Jesus zur Auflage gemacht hat, dass nur derjenige einen Stein werfen darf, der selbst ohne Sünde ist. Die Selbstreflexion, die Jesus damit bezwecken wollte, hat also funktioniert, die Menschen haben eingesehen, dass es ihnen nicht zusteht, jemanden anderen wegen seiner Fehlleistungen zu verurteilen und zu bestrafen, da sie selber nicht frei davon sind, gelegentlich auf Irrwege – manchmal Feldwege und manchmal mehrspurige Autobahnen – zu gelangen.
Dennoch ist dies eine Herausforderung.
Es gibt so viel Unrecht in dieser Welt, auch solches, das von einzelnen Menschen ausgeht – und die sollen ungeschoren davon kommen? Ist tatsächlich das gemeint? Die Menschen gehen weg und werfen keinen Stein und auch Jesus verurteilt die Ehebrecherin nicht.
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Dies Domini – 3. Sonntag der Osterzeit, Lesejahr B
Nach der frohen Botschaft von Ostern beschäftigt sich auch das Evangelium dieses Sonntags und die Lesung aus der Apostelgeschichte noch intensiv mit dem vor- und nachösterlichen Geschehen. Die Apostelgeschichte blendet zunächst etwas zurück und führt das Versagen und Vergehen der Menschen, das zum Tod Jesu geführt hat, deutlich vor Augen:
„(…) den ihr verraten und vor Pilatus verleugnet habt. (…) Den Urheber des Lebens habt ihr getötet.“ Apostelgeschichte 3,13-15
Es wird aber schon hier der versöhnende Blick nach vorne geworfen, der allerdings auch Handlungsanweisungen gibt:
„Nun, Brüder, ich weiß, ihr habt aus Unwissenheit gehandelt, ebenso wie eure Führer. (…) Also kehrt um und tut Buße, damit eure Sünden getilgt werden.“ Apostelgeschichte 3,17-19
Deutlich erkennbar wird also, dass die Menschen trotz der Schuld, die sie auf sich geladen haben, nicht verzweifeln müssen, da Gott versöhnungsbereit ist und seine Hand immer wieder neu ausstreckt zu uns – den von ihm so unendlich geliebten Menschen.
Trotzdem gibt es eben, so stellen es die Schriftstellen vor Augen:
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Dies Domini – Erster Fastensonntag, Lesejahr A
die Eintönigkeit des Lebens ist unübersehbar. Alljährlich geben Psychologen kurz vor Weihnachten über Presse, Funk und Fernsehen Tipps, wie man das Fest der Liebe streitminimierend überstehen kann. Zu Karneval ist der Äther voll von Empfehlungen, wie der Kater derjenigen zu bekämpfen ist, die wissen, dass man nicht auf Knopfdruck lustig wird, sondern durch die Kenntnis und physische Anwendung der richtigen Formel, die in der Sprache der Chemiker C2H6O lautet. Und wenn sich dieser Dunst verflüchtigt hat, gilt das mediale Interesse alle Jahre wieder dem Thema Fasten in all seinen Facetten: Heilfasten, Entschlacken, Kopfdruck und Mundgeruch – der Überfluss all dessen verstopft die Ohren. Und wer es hier noch nicht gehört hat, wird sicher von seinen näheren Bekannten über deren Fastenziele informiert. Es gelingt dem Menschen offenkundig nicht, den Mund leer zu bekommen. Wer auf die Aufnahme von Nahrung verzichtet, muss diesen Verzicht offenkundig mit der Anhäufung von Worten kompensieren. Es ist eben nicht leicht, wirklich frei zu werden.
Viele von denen, die in dieser oralen Phase – Fasten hin, Fasten her – hängen geblieben zu sein scheinen, verknüpfen dann auch die genussvolle Aufnahme leiblicher Speise mit der Sünde. Zugegeben: Das geschieht meist mit scherzhaftem Unterton. Und doch ist die Häufigkeit, mit der dieses Spiel der Worte verwendet wird, geeignet, den Genuss im Laufe der Zeit als Sünde zu diskreditieren. Worüber lange genug geredet wird, das schafft eben auch ein Bewusstsein. Nicht umsonst sind die wortvergeudenden Zeitschriften mit den Frauennamen über das Jahr gefüllt mit Abnehmratgebern und Diättipps; in der Fastenzeit aber wird auch dort gefastet. Erstaunlich, wie wenigstens in diesem Bereich die christliche Tradition die säkulare Sphäre durchsäuert wie Sauerteig.
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Die Debatte um den sexuellen Missbrauch offenbart ein ekklesiologisches Grundproblem
Kaum ein Tag vergeht seit Anfang des Jahres, an dem nicht über sexuellen Missbrauch, der von kirchlichen Amtsträgern begangen wurde, gesprochen wird. Ein neuer Höhepunkt wurde in der Karwoche, speziell an den Kar- und Ostertagen erreicht. Die Medien überschlugen sich mit Meldungen, welcher Bischof in seiner Karfreitags- oder Osterpredigt zum sexuellen Missbrauch Stellung bezogen hat und wer nicht, welcher kirchliche Würdenträger sich entschuldigt habe und wer nicht und dass der Papst zu allem wieder geschwiegen hätte.
Allein diese Berichterstattung zeigt, wie brennend das Thema im gesellschaftlichen Bewusstsein verankert ist. Die Menschen sind irritiert – auch und vor allem die Katholiken. Was nicht für möglich gehalten wurde, ist Gewissheit geworden: Priester haben Kinder missbraucht. Manche der Fälle, die jetzt bekannt werden, liegen Jahrzehnte zurück, manche sind aber noch aktuell.
Ich gestehe ein, dass es für kirchliche Würdenträger schwierig ist, sich diesem Thema zu stellen. Das, was nicht sein durfte, ist geschehen. Die Öffentlichkeit verlangt nach einer Reaktion. Und diese Reaktion ist notwendig. Das Vertuschen und Verschweigen ist allzu lang praktiziert worden. Auf keinen Fall darf das Problem deshalb ausgesessen werden.
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5. Fastensonntag Lesejahr C – Johannes 8,1-11
„Jeder kehre vor seiner eigenen Tür“
Auch dieses Sonntagsevangelium konfrontiert uns wieder mit dem Themenkomplex Schuld und Sünde sowie Vergebung und Verzeihung.
Auch wenn die Ehebrecherin nach dem Gesetz hätte gesteinigt werden müssen, legt Jesus hier, wie so oft, einen anderen Maßstab an. Ohne die Schuld der Ehebrecherin zu mindern, macht er deutlich, dass – wie wir es heute sprichwörtlich sagen – sich „jeder an die eigene Nase packen“, „zuerst vor der eigenen Tür gekehrt werden“ und „eher der Balken im eigenen Auge als der Splitter im Auge des Anderen betrachtet werden“ sollte. Diese Aufforderung scheint die Umstehenden zu beeindrucken, denn sie nehmen von ihrem Vorhaben Abstand, da offensichtlich niemand die Bedingungen Jesu – selbst ohne Sünde zu sein, um einen Stein werfen zu dürfen – erfüllen kann.
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In Episode 5 hören sie das komplette Interview mit Prof. Dr. Thomas Söding zum Thema „Sühnetheologie“.
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Das Interview ist auch, in gekürzter Fassung, in zwei Videos zu sehen. Teil 1 und Teil 2.
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In Episode 9 beschäftigt sich Prof. Dr. Thomas Söding mit der Sühnetheologie des Paulus. Paulus fasst Sühne als umfassende Versöhnung auf, die ihren Grund im Kreuzestod Jesu hat. Sühne und Versöhnung hängen also nicht nur sprachlich eng zusammen. Prof. Dr. Thomas Söding zeigt, das die Sühnetheologie des Paulus heute wieder aktuell ist.
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Zur vorherigen Episode (Episode 8 – Sühnetheologie – Teil 1)
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In Episode 9 beschäftigt sich Prof. Dr. Thomas Söding mit der Sühnetheologie des Paulus. Paulus fasst Sühne als umfassende Versöhnung auf, die ihren Grund im Kreuzestod Jesu hat. Sühne und Versöhnung hängen also nicht nur sprachlich eng zusammen. Prof. Dr. Thomas Söding zeigt, das die Sühnetheologie des Paulus heute wieder aktuell ist.
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In Episode 8 erläutert Prof. Dr. Thomas Söding die Sühnetheologie des mittelalterlichen Theologen Anselm von Canterbury und verweist auf ihre Wirkungsgeschichte bis heute. Die sogenannte „Satisfaktionstheorie“ des Anselm von Canterbury ist ein Konzept, dass bis in die Neuzeit nachwirkt, teilweise mit erheblichen Folgen.
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Zur vorherigen Episode (Episode 7 – Weihnachten überall – Graffiti-Krippe)
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