Dies Domini – Hochfest der Gottesmutter, Lesejahr A
Das romantischste aller christlichen Feste ist schon wieder vorbei. Zwar leisten jene, die sich für besonders glaubensfest halten, erbittert Widerstand und verweisen darauf, dass die Weihnachtszeit traditionell erst am 2. Februar, vierzig Tage nach dem Hochfest der Geburt des Herrn endet und erst dann Tannenbaum und Krippe weggeräumt werden. Die allermeisten Mitmenschen, die glaubend, zweifelnd, nichtglaubend trotzdem Weihnachten auf je eigene Weise feiern, folgen freilich allen besserwissenden Unkenrufen zum Trotz einer eigenen Dramaturgie. Der Advent ist in der säkularen Gesellschaft längst zur Vorweihnachtszeit geworden, die ihren Höhepunkt am Weihnachtsfest findet – und dort eben auch endet. Da kann man noch soviel theologisch argumentieren: die Volksfrömmigkeit war immer schon stärker und wird sich wahrscheinlich auch jetzt wieder mittelfristig durchsetzen.
Das mag man als glaubender Mensch bedauerlich finden. Tatsächlich aber ist gerade das Weihnachtsfest immer schon solchen volksfrommen Überformungen ausgesetzt gewesen. Das fängt schon beim Weihnachtsdatum an. Nirgendwo in der Bibel ist überliefert, dass es ein 25. Dezember war, als Gott die Welt durch die Augen des Jesuskindes erblickte. Es war vielmehr die Umdeutung eines ehemals heidnisch-römischen Festtages, dem Fest des unbesiegbaren Sonnengottes, das christlich neu interpretiert wurde. Auch fehlt in der Bibel jeglicher Hinweis auf Tiere oder Tannenbäume, die in Bethlehem bei der Geburt Jesu eine Rolle gespielt hätten. Weder Ochs noch Esel noch Schafe werden erwähnt. Trotzdem stehen sie alle an den Krippen auch jener, die sich für besonders glaubensstark handeln. Sollte man da nicht insgesamt toleranter mit der modernen Interpretation vieler sein, die Weihnachten auch als Skeptiker und Nichtglaubende feiern?
0 Kommentare
„Es war einmal“ – so fangen gewöhnlich Märchen an. Jedem, der sie hört oder liest, ist klar: Das, was jetzt kommt, ist so nicht geschehen; aber das was erzählt wird, besitzt trotzdem Wahrheit. Es ist eine Wahrheit, die tiefer liegt als das bloß Sicht- und Messbare. Es ist die Moral von der Geschichte. Es ist eine ethische Wahrheit. Märchen sind wahr und wirklich. Sie wirken, weil Geschichten mehr erinnert werden können als Lehren.
„Es war einmal“ – mit diesen Worten beginnt auch das Evangelium des 26. Sonntags im Jahreskreis des Lesejahrs C nach der Einheitsübersetzung. Wörtlich übersetzt müsste der Anfang heißen: „Es war ein gewisser Mensch.“ Die Einheitsübersetzung liegt trotzdem auf der richtigen Linie. Denn die Geschichte, die Jesus erzählt, ist eingebettet in einen Dialog, den er mit den Pharisäern im Anschluss an seine Mahnung führt, man könne nicht zwei Herren dienen, Gott oder dem Mammon. Von denen, mit denen Jesus spricht, wird gesagt, sie hingen am Geld und lachten über Jesus (vgl. Lukas 16,14). Jesus hält ihnen ihr bigottes Verhalten entgegen:
Ihr redet den Leuten ein, dass ihr gerecht seid; aber Gott kennt euer Herz. Denn was die Menschen für großartig halten, das ist in den Augen Gottes ein Gräuel. (Lukas 16,15)
Daran schließt sich ein kurzer Exkurs über die Gültigkeit des Gesetzes an, dessen Zeit mit Johannes – gemeint ist Johannes, der Täufer – zu Ende ging; jetzt ist die Zeit des Reiches Gottes. Das Gesetz aber vergeht nicht. Die, die sich auf das Gesetz berufen und glauben, ihr Wohlstand zeige an, wie sehr Gott sie für das Befolgen des Gesetzes belohne, werden die Folgen des Gesetzes zu tragen haben.
0 Kommentare
Auch nach 2000 Jahren christlicher Glaubens- und Theologiegeschichte mangelt es vielen noch an einem grundlegenden Vertrauen in die barmherzige Liebe Gottes. Glaube, so scheint es, wird von den Frommen als Fürwahrhalten von Lehrsätzen verstanden. Diese Wahrheit wird in sich nicht hinterfragt. Sie ist objektiv gegeben, gewissermaßen vom Himmel gefallen. Deshalb scheint es auch aus dieser Sicht auch zu reichen, diese Wahrheitssätze in Katechismen zu sammeln und auswendig zu lernen. Sie zu verstehen ist dann nicht relevant. Das Evangelium zu verkünden ebenso wenig. Allein die korrekte Wiedergabe der Lehrmeinung zählt. Wer das nicht glaubt: ἀνάθημα ἔστω (anathema esto) – der sei verflucht!
Das Anathem – es steht am Ende vieler lehramtlicher Definitionen, die Konzilien hervorgebracht haben. Das Anathem zieht die Grenze zwischen dem, was zum Glauben gehört, und dem, was nicht zum Glauben gehört. Durch das Anathem wird der christliche Glaube definiert: Wer das nicht glaubt, der sei verflucht und ausgeschlossen.
0 Kommentare
Das Christentum und die Beschneidung
Das Urteil, mit dem das Landgericht Köln Ende Juni 2012 die Rechtswidrigkeit religiös motivierter Beschneidungen festgestellt hat, hat eine heftige Kontroverse ausgelöst. Dabei fällt auf, dass die Kampflinie durch die jeweiligen Standpunkte bestimmt wird, die die Kontrahenten aufgrund ihrer jeweiligen Profession innehaben. Juristen sehen die Rechte des Kindes gefährdet, Mediziner die körperliche Unversehrtheit des Kindes und Theologen die Religionsfreiheit. Jeder steht für seine Werte ein – aber niemand scheint in der Lage zu sein, die Werte gegeneinander abzuwägen. Denn eins steht fest: Nur der jeweils eigene Wert ist es wert beachtet zu werden.
5 Kommentare