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kath 2:30 Dies DominiDies domini – Zweiter Fastensonntag, Lesejahr C

Wie fragil die Illusion des Friedens ist, zeigt sich in diesen Tagen. Es braucht nur wenig, um einen Krieg mit all seinen Grausamkeiten, Vergewaltigungen, Plünderungen, Leiden und Tod zu entfesseln. Die Sprache ist dabei verräterisch: Wenn ein Krieg entfesselt wird, bedeutet Frieden, dass der Krieg in Ketten gelegt werden muss. Ungefesselt erscheint der Krieg – so jedenfalls die der vertrauten Sprachwendung zugrundeliegende Auffassung – als existentieller Normalzustand. Der Krieg ist triebhaft. Frieden ist nicht einfach die Abwesenheit von Krieg, sondern dessen Zähmung. Zähmung aber ist ein mühsames Unterfangen, eine Haltung, die der steten Wachsamkeit bedarf. Nun aber wurde in der Ukraine wieder einmal ein Krieg entfesselt. Oder waren die Fesseln morsch geworden, weil es denen, nein, weil es auch uns an Wachsamkeit mangelte, die wir uns an den Frieden gewöhnt hatten?

Dem Krieg zu eigen ist das Unverschämte, das stets Fordernde. Hat man je Menschen gesehen, die als Aggressoren Krieg führten und nach dem Sieg zufrieden waren? Die Geschichte ist voll von Feldherren – meist waren es jedenfalls Feldherren und weniger Feldherrinnen –, deren Kriegslüsternheit nicht zu stillen war. Nach dem Sieg ist vor der nächsten Schlacht. Niemand von denen, deren Selbstverständnis vom Siegen abhängt, kann mit dem Frieden leben. Niemand von jenen, die nur im Sieg den Sinn des Seins sehen, will Brücken bauen. Siegen heißt dann Leben. Weil aber der Frieden vom Ausgleich lebt, vom Geben und Nehmen, von der demütigen Selbstbeschränkung um des Respektes dem anderen gegenüber willen, ist er gerade keine Option. Der Krieg verlang nach mehr, nach mehr Siegen, nach mehr Unterwerfung. Der Krieg ist eine Droge. Er macht abhängig. Es gibt keine Zustand der Zufriedenheit. Der Krieg schafft Hass. Wer unterliegt, sinnt auf Rache, wer gewinnt, auf Unterwerfung. So wird es immer weitergehen in Aggression und Satisfaktion bis der Tod die letzte Herrschaft übernimmt – oder jemand kommt, der in der Lage ist, den Krieg wieder in Ketten zu legen. Unschädlich gemacht ist der Krieg auch dann nicht. Er ist nur gefesselt. Um den Krieg zu fesseln, helfen Kerzen und Gebete allein ebenso wenig wie die Beschwörung von Eisen und Steinen, sie mögen von sich aus eine Brücke bauen. Wer den Frieden will, muss sich selbst ermächtigen, ihn auch zu schaffen – und den Krieg zu binden. Der Frieden ist wohl nicht zu haben ohne Schwielen an den Händen …


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kath 2:30 Dies DominiDies domini – 4. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C

Dieser Tage gerät manches arg aneinander: die Münchner Missbrauchsstudie, Benedikt/Gänsweins-Einwendungen, Stellungnahmen verschiedener Kreise oder Tische, Journalisten, Politiker und Kirchenführer, alles liegt in Unstand. Wie verhält es sich mit dem Krieg in Europa – Ukraine, Putin, Schröder, Gazprom? Oder wie wäre es mit „Anfänge“ von David Graeber und David Wengrow: eine neue Geschichte der Menschheit oder Unfug? Wie empfinden Sie die Auseinandersetzung zwischen reellen und realen Zahlen? Ist unsere Welt kompliziert oder komplex?

Eigentlich können Sie machen, was Sie wollen, welche Tür Sie auch nur ein Stückchen öffnen, es bricht das Chaos hervor. Allerdings: lesen Sie nicht das Sonntagsevangelium. Das haut Sie um, wenn Sie es genau lesen:

„Alle stimmten ihm zu; sie staunten über die Worte der Gnade, die aus seinem Mund hervorgingen.“ (Lk 4,22)

Jesus erläutert, was er meint und dann:

„Als die Leute in der Synagoge das hörten, gerieten sie alle in Wut.“ (Lk 4,28)

Da sind vier Verse dazwischen und die Leute, die eben noch über die Gnadenworte staunen, geraten in Wut und wollen ihn vom Abhang hinabstürzen.
Und was tut der Herr?

„Er aber schritt mitten durch sie hindurch und ging weg.“ (Lk 4,30)


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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – 22. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr A

Es gibt Legenden, die halten sich hartnäckig, obwohl ihnen jede Grundlage fehlt. Die standhafte Wiederholung und redundante Behauptung schafft eine Wirklichkeit, die es gar nicht gibt. Im Mittelalter war es die Behauptung der sogenannten Konstantinische Schenkung. Mit dieser Legende, die auf einer nachweislich um das Jahr 800 n.Chr. gefälschten Urkunde beruhte, behaupteten die Päpste ihren Anspruch auf das gesamte ehemalige weströmische Reich. Die notorisch behauptete Echtheit hatte tiefgreifende politische Folgen; den Investiturstreit, die weltliche Macht der Päpste, aber auch die sixtinische Kapelle – es hätte sie ohne dieses Constitutum Constantini, die vermeintliche Schenkungsurkunde nicht gegeben.

Ähnlich verhält es sich mit einem Brief, der im 12. Jahrhundert auftauchte. Er sollte angeblich der Feder des Priesterkönigs Johannes entstammen – einer mythischen Figur, die angeblich als Regent ein großes christliches Reich in Ostasien beherrscht haben soll. Dieser Brief, der ebenfalls als Fälschung enttarnt wurde, war bis in das 17. Jahrhundert hinein entscheidend für mehrfache Expansionsversuche des christlichen Abendlandes nach Osten.

Ende des 19. Jahrhunderts war es ein weiterer Schwindel, der – obschon er relativ schnell aufgedeckt wurde – verheerende Folgen für das gesellschaftliche und friedliche Zusammenleben in Europa hatte. Ein gewisser Léo Taxil bezichtigte die Freimaurerei nicht nur satanischer Riten. Zusammen mit den ebenfalls als Fälschung entlarvten Protokollen der Weisen vom Zion, die den Juden eine Verschwörung zum Zwecke der Weltherrschaft unterstellten, wurde eine tiefgreifende Angst vor einer neuen, unüberschaubaren Weltordnung geschürt. Die kruden Behauptungen dieser Intrigen zeitigten – obschon schnell ihre Falschheit enthüllt wurde – menschenverachtende Folgen; sie bildeten auch ein Fundament der nationalsozialistischen Ideologie, die das Ziel der Ausrottung der vermeintlichen Verschwörer verfolgte und ihre furchtbare Konsequenz in Auschwitz fand.

Das sind nur drei Beispiele von Legenden, die – obwohl ihnen jede faktische Grundlage fehlt – immense Konsequenzen für Geschichte und Gesellschaft gezeitigt haben. Man fragt sich unwillkürlich, wie es dazu kommen konnte, dass Menschen in Massen auf diese Fiktionen und Fälschungen hereinfallen konnten. Ein Grund liegt sicher in der Präsentation der Behauptungen. Sie wurden in Form emotionaler Geschichten erzählt. Dabei hatten diese Fiktionen – wie der italienische Semiotiker Umberto Eco feststellt – einen Vorteil:


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