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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – Pfingstsonntag, Lesejahr A

„Wie zahlreich sind deine Werke, Herr, sie alle hast Du mit Weisheit gemacht, die Erde ist voll von Deinen Geschöpfen. Da ist das Meer, so groß und weit, darin ein Gewimmel, nicht zu zählen: kleine und große Tiere.“ (Ps 104,24f)

Der Zwischengesang zu den Lesungen aus Psalm 104 bringt es auf den Punkt: diese Schöpfung, nicht zu zählen, nicht wirklich einzufangen, manchmal herrlich, manchmal schrecklich. Manchmal Beethovens 6. mit dem Erwachen heiterer Empfindungen auf dem Lande, manchmal Corona-Pandemie mit Tausenden – bei uns – oder Zehntausenden Toten – in anderen Weltgegenden.

Wenn Religion ein sinnvolles Manöver des menschlichen Geistes sein soll zur Kontingenzbewältigung, also dem sinnvollen Umgang mit dem Eindruck, dass der ganze Laden doch auf keinen Fall irgendwie vernünftig sein kann, dienen soll, dann läuft da gerade etwas vollkommen schief. Manchem zu schief: Hartmut Löwe, immerhin ehedem evangelischer Militärbischof, mahnt seine Oberen, doch tiefer zu schürfen und den Menschen nicht das zur Pandemie aufzutischen, was eh alle immer sagen, sondern den Zorn Gottes ebenso wie den deus absconditus, den verborgenen Gott, in den Blick zu nehmen – auch nicht einfach, einen verborgenen Gott anzusehen – und auch mal frisch und frei von der Strafe Gottes zu reden, nicht immer nur triviale Alltäglichkeiten. Das schürft immerhin so tief wie manche katholischen Ruhestandsdenker, die es gerade zum Kennzeichen wirklichen Glaubens erklären, wenn dieser ein Skandalon in der Welt ist und alles Kompatible zu unserer Neuzeit für angepassten Zeitgeistunfug erklären.


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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – 22. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr A

Es gibt Legenden, die halten sich hartnäckig, obwohl ihnen jede Grundlage fehlt. Die standhafte Wiederholung und redundante Behauptung schafft eine Wirklichkeit, die es gar nicht gibt. Im Mittelalter war es die Behauptung der sogenannten Konstantinische Schenkung. Mit dieser Legende, die auf einer nachweislich um das Jahr 800 n.Chr. gefälschten Urkunde beruhte, behaupteten die Päpste ihren Anspruch auf das gesamte ehemalige weströmische Reich. Die notorisch behauptete Echtheit hatte tiefgreifende politische Folgen; den Investiturstreit, die weltliche Macht der Päpste, aber auch die sixtinische Kapelle – es hätte sie ohne dieses Constitutum Constantini, die vermeintliche Schenkungsurkunde nicht gegeben.

Ähnlich verhält es sich mit einem Brief, der im 12. Jahrhundert auftauchte. Er sollte angeblich der Feder des Priesterkönigs Johannes entstammen – einer mythischen Figur, die angeblich als Regent ein großes christliches Reich in Ostasien beherrscht haben soll. Dieser Brief, der ebenfalls als Fälschung enttarnt wurde, war bis in das 17. Jahrhundert hinein entscheidend für mehrfache Expansionsversuche des christlichen Abendlandes nach Osten.

Ende des 19. Jahrhunderts war es ein weiterer Schwindel, der – obschon er relativ schnell aufgedeckt wurde – verheerende Folgen für das gesellschaftliche und friedliche Zusammenleben in Europa hatte. Ein gewisser Léo Taxil bezichtigte die Freimaurerei nicht nur satanischer Riten. Zusammen mit den ebenfalls als Fälschung entlarvten Protokollen der Weisen vom Zion, die den Juden eine Verschwörung zum Zwecke der Weltherrschaft unterstellten, wurde eine tiefgreifende Angst vor einer neuen, unüberschaubaren Weltordnung geschürt. Die kruden Behauptungen dieser Intrigen zeitigten – obschon schnell ihre Falschheit enthüllt wurde – menschenverachtende Folgen; sie bildeten auch ein Fundament der nationalsozialistischen Ideologie, die das Ziel der Ausrottung der vermeintlichen Verschwörer verfolgte und ihre furchtbare Konsequenz in Auschwitz fand.

Das sind nur drei Beispiele von Legenden, die – obwohl ihnen jede faktische Grundlage fehlt – immense Konsequenzen für Geschichte und Gesellschaft gezeitigt haben. Man fragt sich unwillkürlich, wie es dazu kommen konnte, dass Menschen in Massen auf diese Fiktionen und Fälschungen hereinfallen konnten. Ein Grund liegt sicher in der Präsentation der Behauptungen. Sie wurden in Form emotionaler Geschichten erzählt. Dabei hatten diese Fiktionen – wie der italienische Semiotiker Umberto Eco feststellt – einen Vorteil:


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