Der dritte Advent, an dem dieser Beitrag im Jahr 2011 veröffentlicht wird, steht in der Tradition der Jahreskrippen im Zeichen des Besuches Mariens bei ihrer Cousine Elisabet. Die Szene wird im Lukasevangelium geschildert (Lukas 1,39-56). Dort heißt es recht lakonisch:
Nach einigen Tagen machte sich Maria auf den Weg und eilte in eine Stadt im Berland von Judäa. Sie ging in das Haus des Zacharias und begrüßte Elisabet. (Lukas 1,39f)
Beide Frauen sind schwanger. Elisabet, die ältere, erwartet trotz ihres hohen Alters einen Sohn, der als Johannes der Täufer zum Vorläufer Jesu werden wird (vgl. Lukas 1,5-25). Maria trägt den verheißenen Gottessohn unter ihrem Herzen. Sie macht sich auf den Weg, um ihrer älteren Cousine zu helfen.
Der Weg von Nazareth in Galiläa, dem Wohnort Mariens, in das Bergland von Judäa ist beschwerlich. Was Lukas nur andeutet, hat die Phantasien der Menschen beflügelt. Viele solcher offenen Andeutungen der Bibel wurden in der Tradition gefüllt – auch der Weg der schwangeren Maria zu ihrer Cousine Elisabet. Die Beschwerlichkeit der Reise kommt auch in dem Lied „Maria duch ein Dornwald ging“ zum Ausdruck, dessen Wurzeln von manchen im 16. Jahrhundert vermutet werden. Sicher ist, dass es in der Mitte des 19. Jahrhunderts in gedruckter Fassung vorliegt und sich vom Eichsfeld in Thüringen aus verbreitet. Es ist ursprünglich kein Advents- sondern ein Wallfahrtslied, das die Hoffnung angesicht der Beschwerlichkeit des Lebensweges bestärkt: Selbst die Dornen werden Rosen tragen, die die Dornen nicht ungeschehen machen; die aber doch anzeigen, dass die Dornen nicht das Letzte sind.
Frauke Striegnitz hat zu dem alten Lied ein gleichermaßen betörendes, wie verstörendes Video geschaffen. In ihrer Examensarbeit an der Kunsthochschule Kassel von 2008 interpretiert sie das Lied neu: Ein dunkler und angstmachender Dornwald wird nur von einer Taschenlampe spärlich erhellt. Auf der Reise durch den Dornwald sieht man verletzte, auf vielfache Weise entstellte, puppenhafte Babys. Der Dornwald wird zum Sinnbild für Leid und Grausamkeit, bevor sich am Ende des Filmes die Kinder erheben und wie Lichter zum Himmel schwebend die Welt erhellen.
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